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Bericht zum Cross Media Forum 2013

Ein Veranstaltungs-Bericht von Michael Geidel.

Alle Jahre treffen sich die Cross-Media-Macher Europas in London zum Cross-Media-Forum, dass parallel zum London Film Fest an der Themse stattfindet. Am Konferenztag präsentierte ein gutes Duzend Experten ihre neuesten Erkenntnisse und Projekte zum Thema Cross-Media.

Gleich der erste, Elan Lee, frischer Chief Design Officer der Xbox Entertainment Studios, machte zur Einstimmung erstmal deutlich, dass er von den Wortgebilden Transmedia nicht viel hält. Für Microsoft will er die Konsole in ein interaktives TV-Network verwandeln und dafür seine Erfahrung mit digitalen Projekten einbringen. Da kommt etwas auf uns zu! Für Spannung der anderen Art sorgte Samira Kafala von der Beratungsfirma The Overworld. Konsumverhaltens-Statistiken helfen ihr den Blick fürs Wesentliche neu zu finden. Natürlich muss man die User verstehen, um ihnen das beste Angebot machen zu können, die Gründe für Marktforschung sind allen bekannt. Aber wie auch die Veränderung von sozialen Mindsets unser Nutzungsverhalten prägen, hatten wohl viele Anwesende noch nie selbst vor Augen geführt bekommen. Ihre Aussage, dass sich unsere Verbindung zu „Besitz“ durch die digitale Welt stärker geändert hat, als wir selbst annehmen, hat mich nachdenklich gemacht. Daran anschließend durfte Wayne Fletcher wie schon im letzten Jahr seine Erkenntnisse aus der Werbewelt zum besten geben. Und er stieg hart ein: „Advertising doesn’t really need you…“ und zeigte in den Raum der Filmemacher und Cross-Media-Enthusiasten. Zum Glück ging es noch weiter. Denn er proklamierte, dass auch wir die Werbeindustrie nicht brauchen. Dabei ist das für ihn stärkste Produkt der Digitalisierung, Big Data, noch lange nicht Big genug und ist vor allem für die Werber von Interesse. Aber die User wollen mehr, gute Geschichten in Echtzeit, womit er die Versöhnung mit den Storytellern vollzog.

Daran anschließend bestärkte Ingrid Kopp vom Tribeca Film Institute uns darin, dass die Digitalisierung zwar alle zu Creators macht, aber Geschichtenerzähler nicht entmachtet. Aus ihren ersten desaströsen Hackthon-Erfahrungen hat sie inzwischen viel gelernt, die Ergebnisse jedenfalls lassen sich auf jeden Fall sehen. Der Kombination von Lean Back und Lean Forward sagte sie eine große Zukunft voraus, wie auch Geschichten und Projekte im realen Raum.

Das NFB machte es mit Bear 71 vor. Clint Beharry vom Harmony Institute ist kein Filmmensch, aber er weiß genau, mit welchen Worten man spezielle Zielgruppen erreicht, Big Data sei Dank. Auch wenn seine kryptischen Fachtermini sich niemand gemerkt haben dürfte, sein Kern der Forschung ist, auf welche Weise man Geschichten so mit Worten verpacken muss, um wirklich die gewünschte Zielgruppe zu erreichen. Das klingt nach dem wahr gewordenen Wunsch der Werbeindustrie, aber es hilft auch uns Storytellern, ist sich Clint sicher. Lance Weiler gehört zu den Veteranen der Branche, war das siebte Mal beim Cross-Media Forum und hatte Leyka und viele gute Ratschläge mitgebracht. Zudem gab er Einblicke in sein neues Projekt, dass wie ein Science Fiction Film selbst daher kommt. Nuno Bernardo lud anschließend alle zur Premiere von Collider am Abend ein und schilderte den langen und teils steinigen Business-Weg bis dahin.

Loc Dao und Stan Douglas wurden der Innovationserwartung an das NFB gerecht, sie erfinden gerade das 3D Serious Games Genre neu mit „Circa 1948“. Die folgenden Power-Zwillinge von Super Sprowtz bringen nicht nur dicken amerikanischen Kindern bei, Gemüse zu lieben sondern holten mit ihrer Energie auf der Bühne den ganzen Saal von den Stühlen, zum gemeinsamen Workout! Und Philippe Reynaert bewies wieder einmal Humor und setzte noch einen Drauf, indem er an den großen Michel Reilhac erinnerte, der dieses Jahr leider nicht dabei sein konnte. Seine Verbindung zu Power to the Pixel scheint indes sehr innig zu sein. Nur so erklärt sich, dass er den offiziellen Song zu PttP zur Freude der Crew entdeckt hat.

Den Abschluss macht der Waliser Sänger Gruff Rhys, der in einer Kombination aus Livemusik und Fotoshow eine Impro liefert, die doch tatsächlich über fast eine Stunde die Leute auf den Sitzen hielt. Neben der Liveperformance wird das Projekt „American Interior“ auch ein Buch, Musik, einen Film und eine App beinhalten – ich bin gespannt. Die Pitches am nächsten Tag offenbarten ein sehr diverses kreatives Potenzial. Ebenso wie die Pitches des Pixel Labs am Tag darauf. (dazu gern mehr in einem weiteren Artikel)

Michael Geidel